EU-Bußgelder

VOLLSTRECKUNG AUSLÄNDISCHER BUßGELDBESCHEIDE

Am 28.10.2010 ist das Vollstreckungsabkommen in Kraft getreten, das die EU-weite Vollstreckung von Geldbußen ermöglicht.

Vollstreckbar sind von Gerichten oder Verwaltungsbehörden in anderen EU-Staaten rechtskräftig verhängte, strafgerichtlich überprüfbare Geldsanktionen. Der Begriff der Geldsanktion umfasst neben Geldbußen und Geldstrafen auch Verfahrenskosten (Gebühren und Auslagen).

Zuständige Behörde für die Prüfung und die Durchführung der Vollstreckung ist das Bundesamt für Justiz (BfJ) in Bonn.

In Deutschland werden Geldsanktionen aus allen EU-Ländern vollstreckt, die ebenfalls den EU-Rahmenbeschluss umgesetzt haben. Bußgelder aus Nicht-EU-Ländern z.B. Kroatien, Norwegen, Liechtenstein oder Schweiz können weiterhin nicht in Deutschland vollstreckt werden.

Vollstreckt werden Bußgelder ab einem Betrag von mindestens 70 Euro u. a. aus Straßenverkehrsverstößen und Verstößen gegen Lenk- und Ruhezeiten.

Bußgeldern aus Verstößen, die vor der Umsetzung der Richtlinie (28.10.2010) begangen wurden, können vollstreckt werden,

wenn die ausländische Behörde den Bußgeldbescheid erst nach dem 28.10.2010 (maßgeblich ist hier das Datum des Bußgeldbescheids) ausstellt
wenn ein Gericht im EU-Ausland über die Verhängung eines Bußgeldes entschieden hat und die Rechtskraft dieser Entscheidung erst nach dem 28.10.2010 eintritt.

Da die gesetzlichen Fristen für die Verfolgung eines Verkehrsverstoßes und die Ausfertigung eines Bußgeldbescheids im Ausland i. d. R. deutlich länger sind (ein bis zwei Jahre), als in Deutschland (drei Monate), kann z. B. bei bereits im Sommer 2010 festgestellten Verkehrsverstößen nicht ausgeschlossen werden, dass ein entsprechender Bußgeldbescheid erst nach dem 28.10.2010 ausgestellt und damit vollstreckbar wird.

Die Zulässigkeit der Vollstreckung wird vom Bundesministerium für Justiz überprüft. Dem Betroffenen wird sodann Gelegenheit zur Äußerung und Erhebung von Einwendungen innerhalb von zwei Wochen gegeben. Sodann entscheidet das Bundesministerium über die Bewilligung der Vollstreckung und stellt diese Bewilligungsentscheidung dem Betroffenen zu. Gegen diese Entscheidung kann der Betroffene wiederum Einspruch einlegen. Wird kein Einspruch eingelegt, ist die Entscheidung rechtskräftig. Erfolgt daraufhin keine fristgerechte Zahlung, wird vollstreckt.

Eine Vollstreckung wird vom Ministerium nicht bewilligt,

wenn der Mindestbetrag von 70 Euro nicht erreicht wird
wenn der Betroffene in dem eigentlichen Bußgeldverfahren nicht über seine Rechte (Zeugnis- bzw. Aussageverweigerungsrecht) belehrt wurde. Dies ist z. B. bereits dann der Fall, wenn das Verfahren im Ausland in einer für den Betroffenen nicht verständlichen Sprache durchgeführt wurde.
wenn ein deutscher Fahrzeug-Halter zuvor im Ausland erfolglos Einspruch mit der Begründung eingelegt hat, nicht selbst der Fahrer gewesen zu sein (z. B. weil im betreffenden Land eine Halterhaftung besteht, wie z. B. in Frankreich, Italien oder den Niederlanden). Wichtig: Der Halter muss dies beweisen können.

Einwände gegen den eigentlichen Tatvorwurf (z. B. Geschwindigkeitsüberschreitung) und die Ahndung (korrektes Messverfahren) können ausschließlich in dem im EU-Ausland geführten vorgebracht werden, aber nicht mehr im Vollstreckungsverfahren. Es sind die Rechtsbehelfsfristen des jeweiligen EU-Landes einzuhalten.

Im EU-Ausland ausgesprochene Fahrverbote gelten nicht in Deutschland. Ebenso werden wegen im EU-Ausland begangenen Ordnungswidrigkeiten in Deutschland keine Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen.

Achtung: Im EU-Ausland bleiben rechtskräftige Bußgeldbescheide und Gerichtsentscheidungen weiterhin vollstreckbar. Hier gibt es je nach Land unterschiedliche Verjährungsfristen (z. B. Spanien: vier Jahre, Italien: fünf Jahre). Wird nicht in Deutschland vollstreckt, kann es in dem betreffenden Land jederzeit zu einer Vollstreckung z. B. im Rahmen einer Verkehrskontrolle oder Unfallaufnahme kommen.

Das deutsch-österreichische Vollstreckungssabkommen bleibt bis auf weiteres in Kraft und ergänzt damit die neue Regelung. Somit können auch künftig österreichische Behörden Bußgelder schon ab einem Mindestbetrag von 25 Euro (statt erst ab 70 € nach der neuen Regelung) in Deutschland vollstrecken.

Übrigens: Der Erlös aus der Vollstreckung verbleibt in Deutschland.